Leica Q2

Erfahrungsbericht – Test – Review

von Mehrdad Samak-Abedi

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Es ist soweit! Leica hat am 07.03.19 die neue Leica Q2 angekündigt. Die Leica Q2 bildet den Nachfolger der sehr erfolgreichen und durchaus genialen Leica Q. Ich hatte die Gelegenheit, die Kamera seit Anfang Dezember ausgiebig zu testen. Bei meiner Kamera handelt es sich eine für den Markt bestimmte Kamera. In der FW gab es in den zwei Monaten ein paar kleine Änderungen, aber mit der finalen Firmware habe ich tatsächlich die meiste Zeit fotografiert. Ich habe die Kamera von der Leica Camera AG zum testen geliehen bekommen. Ja, ich hatte auch gehofft, sie dürfe dauerhaft bleiben, Leica sah das leider anders. Was ich damit klar und deutlich sagen will: Ich habe kein Geld oder ähnliche Vorzüge erhalten. Ich habe „nur“ die Gelegenheit bekommen, mit der Kamera einige Wochen/Monate zu fotografieren. Dies ist mir wichtig hier zu betonen. An dieser Stelle gilt allerdings vor allem mein Dank Andreas Jürgensen und seinem Leica Forum, letztlich ist er derjenige der mir mit seinen hervorragenden Beziehungen zu Leica den Zugang zu eben diesen ermöglicht hat. Danke Andreas und auch Leon! Auch wenn hier sicher viele Leica Q1 Besitzer lesen werden und sich überlegen, ob sie eventuell upgraden sollen, ich möchte gleich betonen: Ich durfte damals als die Leica Q auf den Markt kam ein bisschen damit spielen, ich habe hier darüber geschrieben, aber das ist zum einen schon ein bisschen her und zum anderen hinterlassen 40 Stunden nicht allzu viel Erfahrungen. Was ich damit sagen will ist, dass ich bitte zu entschuldigen, dass ich hier kaum bis keine Vergleiche zur Leica Q1 ziehen kann.

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Das Wichtigste

Das Objektiv der Leica Q2 ist nach wie vor das 28mm 1.7 ASPH. Summilux. Das ist in meinen Augen definitiv eine gute Nachricht. Das verbaute Objektiv liefert wirklich klasse Ergebnisse. Wie schon bei der, seit 2015 auf dem Markt befindlichen Leica Q ist es natürlich festverbaut und kann sowohl manuell als auch mit Autofokus fokussiert werden. Die Blende kann per A Stellung der Kamera überlassen werden oder eben am selben Ring am Objektiv selbst gewählt werden im Bereich von f1.7 – f22 in ½ EV Schritten. Wie bei der Leica Q hat das Objektiv der Leica Q2 auch eine Makrostellung, wodurch man bis auf 17 cm an ein Objekt heran gehen kann. Leica hat ferner den Akku verändert.

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Der Akku

Es handelt sich nunmehr um den gleichen Akku (BP-SCL4) wie der der Leica SL. Wie auch bei der Leica SL bildet der Akku gleichzeitig den Akkufachdeckel. Ich mag das sehr. Der Akkuwechsel ist so zum Beispiel auch mit Handschuhen sehr einfach und vor allem schnell erledigt. Wie das mit der Kapaziät bzw. einer möglichen verlängerten Nutzung gegenüber der Leica Q1 aussieht, kann ich leider mangels Leica Q1 nicht beurteilen. 

Digitalzoom – Verschluss – Video

Der digitale Zoom wurde jetzt zusätzlich um den 75mm Rahmen erweitert. Wie auch die Leica Q1 hat auch die Leica Q2 zusätzlich einen elektronischen Verschluss. Dieser lässt nun auch Belichtungszeiten von 1/40.000s zu. Der ISO Bereich geht von ISO50-50.000, wobei ich über ISO12.500 nicht gegangen bin. Auf dem Datenblatt hört sich das ja alles immer toll an, aber im Fotoalltag sieht das dann meist anders aus. Um das mal vorweg zu nehmen: ISO 12.500 passt für mich. Für die Video-Interessierten: C4k24p / 4k30p / FHD120p / FHD60p / FHD30p / FHD24p. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich bin eben kein Filmer. Für die Profis unter uns ist das natürlich schon ein wichtiger Punkt, aber ich wage mal zu behaupten, dass es da bessere Kameras gibt. Zu den weiteren Neuerungen gehört laut Leica ein besserer Staub- und Spritzschutz, der EVF hat nunmehr 3,78 MP, ein neues UI, inklusive Touch-Funktion (wie bei der Leica CL) und bestimmt noch ganz viele Dinge, die ich jetzt hier vergessen habe.

Gehäuse

Am Äusseren hat sich auch nur wenig geändert. Der Formfaktor ist im Prinzip unverändert. Vorne rum ist der Makroring etwas breiter ausgefallen und greift sich somit etwas besser. Der Fokustab ist etwas größer. Auf der Rückseite der Kamera hat sich da schon deutlich mehr getan. Die Dioptrienkorrektur für den Sucher ist in jedem Fall eine der gelungenen Sorte. Ich erinnere mich an einige Stimmen die darüber klagten, dass es bei der Leica Q versehentlich zu Verstellungen der Dioptrienkorrektur kommen kann. Dies ist bei der Leica Q2 eigentlich nicht mehr möglich – also das versehentliche Verstellen. Diese ist versenkt und mittels eines Drucks auf den versenkten Knopf neben dem Sucher poppt dieser raus und man kann den Sucher auf seine Sehstärke im Bereich von -4 bis +4 Dioptrin einstellen. Ist man fertig drückt man den Knopf wieder rein und das wars. Im Grunde macht man das einmal und muss da erst wieder ran, wenn die Augen sich verschlechtert oder verbessert haben. Mir persönlich gefällt natürlich die aufgeräumte Oberfläche der Rückseite sehr und für mich als Leica M10 Nutzer ist das im Grunde fast keine Umgewöhnung. Statt der 5 beschrifteten Buttons links neben dem Display sind es bei der Leica Q2 nunmehr nur noch 3. Wie eben auch bei der M10 und der M10-P. Etwas verwirrend fand ich allerdings, dass die Anordnung leicht anders ist bei der Q2 bzw. bei der M10(-P). Es geht um die „Play“ Taste. Bei der M10(-P) ist diese in der Mitte der drei, bei der Q2 oben. Warum sich Leica dafür entschieden hat, verstehe ich nicht, denn für mich ist das dann jedesmal eine Umstellung. Wirklich nötig wäre es nicht gewesen, denn bei der Q2 ist, anders als bei der M10(-P), die FN Taste programmierbar. Was Leica ausserdem verändert hat am Äusseren der Kamera ist der Ein- und Ausschalter. Hier erinnere ich mich auch an Stimmen, die den alten nicht wirklich mochten, so auch mein lieber Freund und Blogpartner Christian. Er schrieb dazu in seinem kürzlichen Bericht „Ein Jahr Leica Q“ . Bei der Leica Q2 hat dieser nunmehr nur noch eine Funktion, die Kamera eben ein- oder auszuschalten. Auch ganz interessant ist das Daumenrad. Die Position ist ein ganz klein wenig weiter nach aussen gerutscht, aber viel interessanter finde ich, dass das Daumenrad neben einer Radfunktion eben auch ein Knopffunktion hat (Wie bei der CL). Man drückt von oben auf den Knopf welcher in der Mitte des Damenrads ist und nicht wie bei manchen anderen Kameras, dass man das Daumenrad selber seitlich drückt. Ach ja und der Videoknopf oben ist weggefallen. Ersatzlos! Will sagen, sie wirkt von oben noch aufgeräumter als die Leica Q. Die Funktion ist an eine andere Stelle gewandert.

Die Knöpfe

Die Leica Q2 hat weniger Knöpfe. Während die Leica Q 8 Knöpfe hat, hat die Leica Q2 „nur“ 6. Der Vorteil, den die Leica Q2 in meinen Augen hat ist, dass sie deutlich mehr individuell belegbare Knöpfe hat, nämlich genau 3 und das Wahlrad übernimmt in der „Automatisch“ Stellung auch individuelle Funktionen. Je nach Modus (PASM) und in Kombination mit Auto-ISO oder eben nicht Auto-ISO übernimmt das Daumenrad andere Funktionen (Belichtungskorrektur, TimeShift, ISO-Shift etc). Die mittlere Taste im Steuerkreuz dient der Bestätigung und dem Durchzappen der verschiedenen Livemodus Anzeigen/Informationen im Display. Zusätzlich gelangt man hier auch in den Videomodus. Ich persönlich finde das nicht so praktisch, aber ich bin auch kein Videograf. Wenn ich Videos mache, dann nicht mit meinen Fotoapparaten. Für andere ist das vielleicht sehr praktisch, für mich war das am Anfang etwas störend. Sehr interessant finde ich, wie Leica das mit der FN- und der Daumenradtaste gelöst hat. Man kann beiden Tasten bis zu 8 verschiedene Funktionen zuordnen. Drückt man die Taste länger, so hat man dann entsprechend der vorher festgelegten Auswahl die Wahl, welche Funktion nun die entsprechende Taste haben soll (siehe Bild 1 und Bild 3). Man kann so also schnell die Programmierung der Taste ändern. Finde ich keine schlechte Lösung. Die drei wichtigsten Parameter habe ich mir dabei auf die Einstellrad-Taste gelegt und konnte so sehr schnell, ohne die Kamera vom Auge nehmen zu müssen gegebenfalls die Taste umprogrammieren. Die Zoom/Speicher Taste funktioniert hier genauso wie bei der Leica Q. Was ich hier nicht gut finde, ist, dass Leica auch bei der Leica Q2 die AE-L/AF-L Taste nach wie vor so programmiert hat, dass man für den Lock die Taste gedrückt halten muss. Das hat mich in der Benutzung doch sehr irritiert. Nur gut, dass ich diese Funktion nur selten nutze, würde mich sonst echt nerven. Insgesamt hat Leica das sehr schön gemacht. Die Kombination aus Dinge weglassen aber Funktionalität erhöhen. „Good Job, Leica!“

 Sensor: 47MP

Als ich mir so die Spezifikationen angeschaut habe, musste ich bei den Megapixeln erst mal schlucken. 47 Millionen Pixel auf der Fläche eines Kleinbildsensors ist schon eine ganze Menge. Ich mag ja die 24 Megapixel meiner Leica M schon und brauche eigentlich nicht mehr. Die RAW-Dateien einer Leica Q2 sind mit was um die 84 MB auch alles andere als klein. Gut, jetzt kann man argumentieren, Speicherplatz koste doch heute so gut wie nichts mehr. Tatsächlich muss ein Rechner aber auch erst einmal mit dieser Menge an Daten umgehen können. Sag ich jetzt mal einfach so. Ich bin ja nicht so der Fachmann bei dieser ganzen Sensortechnologie. Es interessiert mich nicht und ich brauche das Wissen auch nicht für meine Fotografie, aber so viele Pixel auf kleiner Fläche soll wohl nicht so dolle sein wenn es um das Thema Rauschen geht? Sagen wir es mal so: Ich habe bei ISO 12.500 schon deutlich schlimmere Ergebnisse gesehen. Ein weiteres Problem bei 47 MP ist für mich persönlich die Bewegungsunschärfe. Ja die Q2 hat wie die Q1 auch einen internen Stabilisator, aber ich hatte bei Zeiten unter 1/60s schon Schwierigkeiten. Unter 1/80s bin ich nur sehr ungern gegangen und wenn ich mir so die Bilder der letzten 2 Monate anschaue, sind auch die allerwenigsten bei unter 1/80s getätigt worden, bzw. diese wurden von mir aussortiert und gelöscht. Ich bin bestimmt nicht der Mensch mit der Hand eines Chirurgen, aber mit meiner M10 komme ich das bei 1/45s schon hin. Nicht gerne und oft, aber es geht ohne große Probleme. Natürlich sind mehr Pixel ja nicht nur schlecht. 

Croppen

Die Q ist eine Kamera mit festverbautem Objektiv. Ein sehr gutes, aber nicht jeder mag die 28mm, nicht umsonst waren viele Rufe nach einer 35mm bzw. 50mm Leica Q zu hören. Hier ist natürlich die Menge an Pixeln recht interessant. Das Zauberwort heisst: nachträgliches Croppen. Crop till you drop. Oder so ähnlich? Als Größenordnung gibt Leica an, dass bei 28mm 47 MP, bei 35mm 30 MP, bei 50mm 15 MP und bei 75mm immerhin noch 7MP an Auflösung verbleiben. Die Charakteristik des 28mm bleibt natürlich bestehen, aber man hat eben deutlich mehr Spielraum, wenn es mal zu weit weg war oder man einfach unwichtige Infos wegschneiden will. Ich croppe nur sehr ungern und komponiere meinen Bildausschnitt lieber gleich fertig durch den Fußzoom, aber es gibt ja immer mal so Situationen, in denen das eben nicht geht. Da ist man mitunter schon dankbar für das ordentliche Futter, dass einem die Leica Q2 bietet.

Autofokus

Wie schon bei der Leica Q ist der Autofokus der Leica Q2 sehr schnell und zuverlässig. Nach wie vor mag ich den Verfolgungsmodus sehr und bei guten Lichtverhältnissen, wenn man mit der Belichtungszeit ordentlich runter gehen kann, bekommt man erstaunlich wenig Ausschuss. Neben dem Autofokusmodus Verfolgung gibt es aber noch Mehrfeld, Spot, Feld und Gesichtserkennung zur Auswahl. Die Gesichtserkennung funktioniert standardmäßig gut, allerdings stört mich, dass diese nur in Kombination mit Mehrfeld zu nutzen ist. Das bedeutet, wenn in dem Motiv kein Gesicht ist oder es von der Kamera nicht als solches erkannt wird, übernimmt die Kamera die Kontrolle und ich habe keine Möglichkeit in diesem Modus den Fokuspunkt frei zu wählen. Nun würde ich mich nicht im allgemeinen als Kontrollfreak bezeichnen, aber beim Fokussieren bin ich doch sehr picky! Der Feldmodus ist eine gute Alternative, aber da ich gerne auch offenblendig arbeite, ist mir hier und da das Ergebnis als zu ungenau aufgefallen. Leider konnte ich das Feld auch nicht in der Größe verstellen, aber vielleicht habe ich auch nur den Modus nicht verstanden? Letztlich nutzte ich ihn dann aber nicht oft, um nicht zu sagen gar nicht mehr. Verfolgung passt natürlich nur in bestimmten Situationen, also habe ich zu 98% den Autofokus-Modus „Spot“ genutzt. Kein Drama und für mich als M-Nutzer ist das immer noch „Luxus“, überhaupt wieder mal einen Autofokus zu haben, aber ich würde es schon gut finden, wenn Leica hier noch einmal ein kleines FW Update nachschieben würde, besonders bei Gesichtserkennung hätte ich zumindest gerne die Wahl, in welche Alternative Fokusmethode die Kamera dann gehen sollte.

Fazit

Ich fand damals die Leica Q schon klasse und die Leica Q2 steht dem in nichts nach. Ich würde aber nicht so weit gehen zu sagen, dass die Leica Q2 so deutlich viel besser als die Leica Q ist. Denn die Leica Q ist nach wie vor ein richtig gute Kamera. Die Leica Q2 würde ich eher als ein sehr gutes Update beschreiben. Sie ist etwas aufgeräumter, mit offensichtlich modernerem Sensor, hat aber sonst kaum wirklich die Killerfeatures bezogen auf die Leica Q. Für den ein oder anderen könnten natürlich die 47 Megapixel sehr interessant sein. Da diese auch offensichtlich die Bildqualität nicht negativ beeinflussen, ist dies schon ein Argument für die Q2, aber in meinen Augen kein Killerfeature im eigentlichen Sinne. Für Leica Q1 Besitzer weiß ich nicht ob sich das Upgrade lohnt. Das kommt natürlich auch auf den Geldbeutel an.

Der Preis: 4790€

Jetzt mal losgelöst von der Preisfrage, ja ich weiß, das ist bei Leica schwer möglich, würde ich als nicht-Leica-Q-Besitzer wohl ruhigen Gewissens auf die Leica Q2 gehen. Wenn aber die Börse nicht ganz so locker sitzt, es aber unbedingt eine Leica und noch viel wichtiger eine Leica Q sein muss und nicht zwingend die neueste Q, dann würde ich den Gebrauchtmarkt gut beobachten. Ich kann mir vorstellen, dass bald eine Menge Leica Q’s angeboten werden. Mein Fazit zur Leica Q2 ist also klar: Coole Kamera! Ich werde sie vermissen, alleine, dass ich mit ihr mal wieder näher als 70cm an ein Objekt ran kann, ist schon ein Grund. Leica hat hier mit der Q2 eine interessante Kamera auf den Markt gebracht, die definitiv ihre zufriedenen Käufer finden wird. 

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